Samstag, 12. April 2025

Dieser Film hat mich gebrochen: New Jack City (1991) | Review/Kritik

Drogendealer Nino Brown baut im New York der 80er mit seiner Gang "Ca$h-Money-Brothers" und mithilfe der neuen Synthese Crack ein eigenes Geschäft  auf, mit dem er schon bald den Zorn des "Paten" Don Armeteo erweckt. Browns Laufbursche Pookie arbeitet bald darauf auch für den durchgeknallten Cop Scotty Appleton, der Nino nun endlich das Handwerk legen und ihn zudem auch für den Mord an seiner Mutter drankriegen will..




Hallo liebe WatcherZ und herzlich willommen zu einem weiteren Review eines Filmes aus meiner privaten Bluray-Sammlung: New Jack City. Ich hab diese Tage ja schon einmal über einen Gangsterfilm gesprochen, der mir von einem Follower empfohlen wurde: Carlito's Way von 1993. Dieser Streifen hier ist nochmal zwei Jahre älter... Und ich sags gleich vorweg: er hat mich verändert. Es ist für mich zweifellos der BESTE Genrefilm aller Zeiten - und das aus so vielen verschiedenen Gründen. Mit dazu haben wir hier so viele Facetten des abgefuckten New York, dass ich einfach sagen muss: Dieser Film hat mich gebrochen. 


PROLOG:
Okay, heute spreche ich erneut über einen Nischenfilm, den wohl kaum jemand auf dem Schirm hat. Tatsächlich haben wir hier erneut ein Stück Kultur, das für viele unterhalb des Radars unterwegs war - bzw. es heute noch ist. Und ich hoffe, ich kann an diesem Umstand durch dieses Review etwas daran ändern. Denn erneut: Dieser Film ist so viel besser, als er jedes Recht hat, zu sein. Aber er kam halt in einer Zeit in die Kinos, als Hollywood u.a. auch mit Terminator 2 am Start war, sodass es sicher schwierig war, gegen dieses Epos anzutreten oder gar zu bestehen. Wir erleben den Aufstieg und Fall des jungen Afro-Amerikaners Nino Brown, gespielt von einem wirklich brillanten Wesley Snipes, der nach und nach den Bezug zur Realität verliert. Kommt es hier zu Spoilern? Wie immer in diesem Format, wird auch dieses Review sehr detailliert, was Story, Plotholes und Twists angeht. Bitte bitte seid euch dessen bewusst. Und wie immer ist auch dieses Mal alles erneut nur meine persönliche Meinung. Ihr seid hiermit gewarnt. 


FILMINFO: 
New Jack City ist ein Gangsterfilm des Regisseurs Mario Van Peebles, mit Ice T, Wesley Snipes und Chris Rock in den Hauptrollen. Er hat eine Laufzeit von 100 Minuten, ist ab 16 Jahren freigegeben und startete am 07. März 1991 in den deutschen Kinos. Der Film wird zudem dem Subgenre New Black Cinema zugeordnet.


STORY:
Nino Brown (Wesley Snipes), Besitzer des Nachtclubs Spotlite ist Anführer der Gang Cash Money Brothers (CMB). Diese betreibt im Harlem der späten 1980er Jahre erfolgreich Drogenhandel. Zu der Gang gehören auch Gee Money (Allen Payne), ein Freund Ninos aus Kindertagen und Dahh Dahh Man (Bill Nunn), ein stotternder, etwas schlichter und sehr gewalttätiger Mann.

Eine neue Droge, Crack, schickt sich an, den Markt zu erobern und Nino entscheidet sich, diese Chance zu nutzen. Er will weg von den kleinen 5-Dollar-Deals an der Straßenecke und in das große Geschäft einsteigen. Schließlich werden, seiner Meinung nach, unter Präsident Ronald Reagan nur die Kriminellen reich. Feinde werden eliminiert und neue Gebiete erobert, am Ende der Übernahmekampagne steht das Carter Building – ein Wohnblock in Harlem, der von Nino zu seiner persönlichen Zentrale erklärt wird. Den Bewohnern des Carter macht er unmissverständlich klar, dass sie von nun an ihm gehören, und der Großteil von ihnen wird zu seinen treuen Kunden. Die Maschinerie kommt in Gang: Beschaffung, Produktion, Absatz. Das Carter Building wird zu Ninos kleinem Universum, in dem sich die Cash Money Brothers innerhalb kurzer Zeit ein Millionen-Dollar-Geschäft aufbauen.

Der Pate Don Armeteo der italoamerikanischen Mafia (John Aprea) gerät immer wieder mit Nino in Konflikt. Nur mit dem Segen der mächtigen Mafia konnte Nino einst sein Geschäft ausbauen. Die Polizei versucht, Nino zur Strecke zu bringen. Detective Stone (M.V. Peebles), der mit dem Fall beauftragt wird, rekrutiert die suspendierten Cops Scotty (Ice T.) und Peretti (Judd Nelson), um die CMB zu überführen. Scotty selbst ist Afroamerikaner aus dem Viertel Ninos und hat bereits als verdeckter Ermittler in der Drogenszene gearbeitet.

Die Ermittlungen der Sondereinheit verlaufen schleppend, denn das Vorgehen der Gangster ist professionell und es lassen sich nur spärliche Beweise finden. Die Ermittler stehen kurz vor dem Aus, als Scotty seinen alten Bekannten Pookie (Chris Rock), den er vor Jahren bei einem gefakten Deal verhaftet hatte und der inzwischen zu einem Crackjunkie geworden ist, beim Gespräch mit Nino beobachtet. Die Polizisten beschließen, ihn umzudrehen und nach einer Entziehungskur als Spitzel in Ninos Firma zu schleusen. Denn der hatte ihm einen Job angeboten, falls er sich wieder in den Griff bekommt. Der Plan läuft, mit einer versteckten Kamera gelingt es Pookie, in die Crackfabrik vorzudringen, doch er ist den Reizen der Sucht noch nicht entkommen und erleidet einen Rückfall, als er in der Apotheke die Crackabfertigung überwacht.

Seine Deckung fliegt auf und er wird ermordet, die Polizei stürmt das Gebäude, doch die Gangster haben das Carter Building bereits verlassen und alle Beweise beseitigt. Wegen Erfolglosigkeit wird die Sondertruppe aufgelöst. Doch Scotty und Peretti wollen nicht aufgeben und den Mord an Pookie rächen. Sie wollen die Cash Money Brothers selbst überführen und Nino zur Strecke bringen. Der Konflikt Ninos mit Don Armateo, der keine Aufmüpfigen in seinem Revier duldet, spitzt sich zu. Doch Nino ignoriert die Warnungen des Paten und setzt seinen Weg fort. Denn auch nach dem Fall des Carter Buildings ist die Gang nicht am Boden, das Drogengeschäft blüht weiter und sie kommen wieder auf die Beine.
 
In der Zwischenzeit gelingt es Scotty und Peretti, einen Deal mit Gee Money einzufädeln. Nach und nach schaffen sie es, sich das Vertrauen der CMB zu erarbeiten und Scotty als Ninos rechte Hand zu etablieren, was allerdings nicht leicht fällt, denn Nino, inzwischen dem paranoiden Wahnsinn näher als der Realität, misstraut Allem und Jedem. Scotty erfährt dabei, dass Nino als junger Mann vermutlich Scottys Mutter ermordet hat.

Auf einer von Nino gesponserten Hochzeitsfeier möchte der Don abrechnen, doch Nino überlebt den Anschlag. Scotty, der während der Schießerei die Gelegenheit hatte, Nino umzubringen, verzichtet darauf, da er an Recht und Gesetz glaubt. Aus Rache lässt Nino den Paten durch ein drive-by shooting hinrichten. Nino trennt sich von seiner Freundin und beginnt eine Beziehung zu Gees Freundin. Gee, der mittlerweile süchtig nach Crack geworden ist, ist von einer klaren Sicht der Dinge ebenfalls weit entfernt.

Ninos geläuterte Geliebte meldet sich bei der Polizei und möchte gegen die Cash Money Brothers aussagen. Mit dieser wichtigen Zeugin beschließt die Polizei, einen neuerlichen Deal zu vereinbaren, um Nino endgültig zur Strecke zu bringen. Doch es läuft nicht wie geplant. Scotty wird enttarnt und nach einer Schießerei kann Nino entkommen und sich in seine Wohnung absetzen. Er erschießt noch am selben Abend Gee Money, um einen weiteren Mitwisser zu beseitigen. Doch die Ermittler spüren ihn auf und nach einem finalen Kampf zwischen Nino und Scotty wird Nino festgenommen. Wiederum verzichtet Scotty darauf, Nino zu töten, was ihm sehr schwerfällt.

Während der folgenden Gerichtsverhandlung, deren Ausgang alle zu kennen glauben, gelingt es Nino mit einer aggressiven und abstrus gesellschaftskritischen Aussage sowie dem Verweis darauf, dass er nur ein Laufbursche gewesen sei und einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Er bekommt lediglich zwei Jahre. Doch während er siegessicher den Gerichtssaal verlässt, wird er von einem Bewohner des Carter Buildings (Bill Cobbs) erschossen. Der Film endet mit der Einblendung:

„Although this is a fictional story, there are Nino Browns in every major city in America. If we don’t confront the problem realistically—without empty slogans and promises—then drugs will continue to destroy our country. (Auch wenn dies eine fiktive Handlung ist, so sind doch Nino Browns in jeder großen amerikanischen Stadt vorhanden. Wenn wir uns dem Problem nicht realistisch annehmen-ohne leere Slogans und Versprechungen-werden Drogen weiterhin unser Land zerstören).“

– Epilog


MEINUNG:
Ich kanns nicht anders sagen: Regisseur van Peebles ist hier ein gesellschaftskritisches Epos gelungen, dass weder mit Tiefgang, noch mit Brutalität oder gar interessanten Figuren geizt. Und obwohl New Jack City kein klassischer Gangsterfilm an sich ist, nimmt er Elemente von "Der Pate" auf und macht sie teilweise sogar besser: Nino hat absolut keinen Bock mehr, immer nur den Laufburschen für die Mafiosi der Stadt zu spielen, mausert sich vom Boten zum Geschäftsmann eines Millionenimperiums - und verliert dabei sowohl den Verstand, als auch jeden Blick auf die Realität. Dieser Film hat eine klare Message, doch dazu gleich im Fazit noch ein paar Worte. 

So komm ich wie üblich zunächst zum Cast: Wesley Snipes als Drogenboss Nino Brown, dessen Werdegang wir hier komplett sehen: Angefangen vom Straßendealer, bis hin zu seinem tragischen Fall. Und Snipes rockt diese Rolle, als gäbs kein Morgen. Selten sage ich sowas im schwarzen Kino, aber hier steht fest: Snipes IST Nino Brown. Ich kann mir gar keinen anderen in dieser Rolle denken, als Wesley. Daneben dann die coolen und smarten Straßencops Nick Peretti und Scotty Appleton, gespielt von Judd Nelson und Ice-T, auch sie sind derart in ihre Rollen verschmolzen, dass ich erneut sagen muss: Perfektes Casting! Auf der Gegenseite haben wir dann die italienische Mafia, im Film vertreten durch den Paten Don Armeteo und dessen Laufburschen Franky Needles, verkörpert von John Aprea und Anthony DeSando, die hier wirklich overpoint gehen und so manche Kugeln durch die Luft pfeifen lassen. Generell muss ich sagen, dass mich Aprea immer ein wenig an Robert De Niro erinnert, erst recht in der deutschen Fassung, wo er vom selben Sprecher wie De Niro synchronisiert wird. In der Mitte des ganzen haben wir dann noch Chris Rock als Pookie, der für mich in diesem Film wirklich die Überraschung ist. Kennt man ihn sonst nur aus der Comedysparte, so gibt er seiner Rolle in diesem Film eine ganz andere Note: Die des tragischen Helden, der nach seiner Rehabilitation rückfällig wird und brutal ermordet wird. Hier muss ich sagen, dass ich wirklich enorm überrascht war, sowas von Rock zu sehen.  

Auch handwerklich überzeugt Van Peebles' Arbeit: Rasante Kamerafahrten, der körperliche Zerfall nach dem Konsum von Crack bzw. die unmittelbaren Folgen davon, gut gemachte, handwerkliche Effekte, die man vor allem in den wilden Schießereien und Schlägereien sieht - hier stimmt wirklich das Gesamtpaket und man merkt das auch, wenn man das Alter bedenkt: Anfang bis Ende der 90er wurde noch sehr viel praktisch dargestellt und es sieht über 30 Jahre später immer noch besser aus, als so manches CGI-Gekotze ala Expendables 4. Dazu haben wir unglaubliche Action-Setpieces, die zunächst aufgebaut wurden, um sie letztendlich in die Luft zu jagen. Kostüm, Maske und Makeup sind an den amerikanischen Stil der späten 80er angepasst: Lange, weite Anzüge, anstelle von Maßschneiderungen, wenns dann mal blutig wird, hält die Kamera schon ordentlich drauf und es geht heftig zur Sache. Gedreht wurde u.a. in Harlem und Brooklyn, letzterer Ort wurde für die versifften Straßenzüge gewählt. 

Soundtrack und Score sind hier sehr an die Blackmusic angepasst:  Vieles stammt von Ice T. selbst, sein Titelsong "All American Hustler" brachte ihm 1992 eine Oscarnominierung ein, ging jedoch leer aus. Ansonsten haben wir szenetypische Klänge aus der schwarzen Musik, u.a. von Boyz2Men, Color Me Badd und Guy. Der restliche Score  ist hier jedoch nicht weiter erwähnenswert, da viel von Vinyl kommt, oder live performed wird. 


FAZIT:
New Jack City ist für mich ein absoluter Meilenstein schwarzer Kinogeschichte und Popkultur, dass bis heute keinen ernstzunehmenden Gegner spendiert bekam. Für einen Film, der damals derart unterhalb des Radars unterwegs war, zähle ich ihn heute als einen absoluten Geheimtipp im Genre. Selten war ich nach dem ersten Schauen eines Films derart nachdenklich, dass ich heute noch darüber sinniere und teilweise auch grübeln muss. Denn der Film hat eine klare Message: Die Gefährlichkeit synthetischer Drogen. Wir sehen den kompletten Werdegang Browns - vom Aufstieg zum Drogenbaron New Yorks bis hin zum tragischen Fall - und diese Darstellung, ich schriebs ja schon im Titel, hat mich damals wie heute einfach nur fertig gemacht: Man sieht, wie diese Sucht voranschreitet, dich körperlich und geistig kaputt macht, dir es jedoch gar nicht klar ist, dass du auf dem absteigenden Ast sitzt, bis es zu spät ist. Allein die Abrechnung zwischen Nino und Gee-Money ist so vorhersehbar, wie schockierend: Trotz Ankündigung trifft mich das jedes Mal. Auch, dass Nino bis zum ende nicht kapiert, was, bzw. wen er alles als "sein Eigentum" betrachtet... Und die Art und Weise, wie Van Peebles das cinetografisch umsetzt, ist für mich erneut einfach nur Weltklasse. Realismus pur und das schiere Grauen, was man hier zunächst gar nicht erwartet, hauen mich heute noch aus dem Sessel und lassen mich mit fiebern.

Es gibt ansonsten nichts weiter hierzu zu sagen. Wer diesen Film noch nicht kennt, jedoch ein Fan von gut gemachten Gangsterstorys ist, sollte sich diesen Leckerbissen zu Gemüte führen. Für mich ist es ein bis heute unerreichtes und vor allem massiv unterschätztes Meisterwerk, dass meiner Meinung nach so viel mehr Aufmerksamkeit und Respekt verdient, als es bisher bekam. 

WERTUNG:
Genre: 10/10
Gesamt: 10/10

 
Und damit bin ich am Ende meines Reviews zu New Jack City aus dem Jahre 1991 von Mario van Peebles. Doch nun frage ich euch: Kennt ihr diesen Film, wie findet ihr ihn? Oder: Habt ihr jetzt Bock, ihn zu gucken? Was haltet ihr generell von diesem Genre und: Soll ich über derartige Filmperlen öfter sprechen? Schreibts mir gern in die Kommentare, wenn ihr Bock habt. 

Und damit bedanke ich mich erneut recht herzlich fürs Reinklicken und Durchlesen und wünsche euch ein schönes, sonniges Wochenende und wie immer ganz ganz viel Spaß beim Filme gucken. Habt eine gute Zeit, nette Leute um euch und bleibt gesund. 

Bis zum nächsten Mal.

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